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Wenn der Stress im Job Normalität wird: Wege der Burnout-Prophylaxe

Beitrag von

Sandra Weiß – Systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin, Online-Beraterin, Coachin & Supervisorin

„Ich bin erfolgreich im Beruf. Ich bin stolz auf das, was ich alles erreicht habe und welche Freiheiten ich mir damit geschaffen habe. Ich habe ein schönes Zuhause, eine intakte Familie und kann mir Urlaube und schöne Dinge leisten. Eigentlich habe ich so viele Gründe, um glücklich sein, aber oft bin ich es nicht. Stattdessen fühle ich mich oft erschöpft, ausgelaugt, bin gereizt und will nur noch meine Ruhe.“

Mit diesen und ähnlichen Worten beschreiben viele Menschen ihre aktuelle Situation beim gegenseitigen Kennenlernen in unserem ersten Kontakt.

Die im Unternehmertum, der Selbständigkeit und in Führungsposition liegenden Aufgaben werden häufig als die zwei Seiten einer Medaille erlebt. Auf der einen Seite stehen eine Menge positiver Effekte wie das hohe Maß an Gestaltungsmöglichkeiten, Freiheit, Selbstbestimmung und das Verwirklichen eigener Vorstellungen. Auf der anderen Seite finden sich oft der Druck, permanent Entscheidungen zu treffen, mit Unvorhersehbarem umgehen zu müssen und stets verfügbar zu sein. Wird dies über längere Zeit als Belastung erfahren, kann sich daraus chronifizierter Stress entwickeln und die Gefahr des Burnouts nimmt zu.

In diesem Blogbeitrag stehen die Symptome des langanhaltenden chronifizierten Stresses (Burnout) im Fokus und daneben blicken wir auf bewährte Strategien der Stressbewältigung, die die eigene Gesundheit erhalten und die Vitalität wiederherstellen können.

 

Der Begriff Burnout

Burnout ist nach dem ICD-11, dem international anerkannten System, über das medizinische Diagnosen benannt werden, keine eigenständig anerkannte Diagnose. Als „qualifying diagnosis“ wird Burnout jedoch als Faktor anerkannt, der Krankheiten auslösen kann.

Als Ursache wird dabei chronischer Stress am Arbeitsplatz gesehen, für den keine ausreichenden Bewältigungsstrategien vorhanden sind.

 

Dimensionen von Burnout

Burnout wird dabei drei Dimensionen zugeschrieben (nach Maslach & Jackson):

  • Emotionale Erschöpfung: Gefühle von Überforderung, Angst, Anspannung, körperliche und psychische Erschöpfung, Schwierigkeiten sich zu entspannen
  • Depersonalisation als Distanzierung und/oder Zynismus gegenüber der Arbeit: Gefühle des Frusts und innerer Leere, Schuldgefühle
  • Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit: Zweifel an der eigenen Kompetenz, geringere Arbeitsleistung, Konzentrationsstörungen

Burnout ist dabei nicht mit Stress gleichzusetzen. Die Entwicklung geschieht oft über einen längeren Zeitraum hinweg mit verschiedenen Warnzeichen, die so lange ignoriert werden, bis die Symptome nicht mehr übersehen werden können und tatsächlich körperliche oder emotionale Einschränkungen entstehen.

Herbert Freudenberger & Gail North entwickelten bereits 1992 ein noch immer aktuelles 12 Stufen-Modell des Burnout-Syndroms. Dieses Modell stellt dar, wie sich langandauernder Stress entwickeln und schließlich in Stufe 12 mit völliger Erschöpfung in Form eines Burnouts münden kann.

12 Phasen des Burnouts

Stufe 1: Der Zwang sich zu beweisen

Stufe 2: Verstärkter Einsatz

Stufe 3: Vernachlässigung eigener Bedürfnisse

Stufe 4: Verdrängung von Konflikten & Bedürfnissen

Stufe 5: Umdeutung von Werten

Stufe 6: Verstärkte Verleugnung aufgetretener Probleme

Stufe 7: Rückzug

Stufe 8: Deutliche Verhaltensänderung

Stufe 9: Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit

Stufe 10: Innere Leere

Stufe 11: Depression & Erschöpfung

Stufe 12: Völlige Burnout-Erschöpfung

Interessant ist an diesem Modell, es als Grundlage für die Einschätzung der eigenen Stresssituation zu nutzen – bereits in weniger fortgeschrittenen Phasen.

 

Auslöser für Burnout

Burnout wird auf eine langanhaltende, die oben genannten Phasen durchlaufende Überforderungssituation im beruflichen und privaten Bereich zurückgeführt, wobei subjektive Persönlichkeitsmerkmale einen Einfluss auf die Entwicklung haben.

Ein Teilbereich, der die Entwicklung eines Burnouts begünstigen kann, stellen individuelle Faktoren, Einstellungen und Glaubenssätze wie die folgenden dar:

  • Perfektionismus
  • Eine hohe Erwartungshaltung an sich selbst
  • Zweifel am eigenen Können und den eigenen Kompetenzen
  • Geringe Selbstfürsorge
  • Bereitschaft, über die eigenen Grenzen zu gehen und sich zu verausgaben

Daneben begünstigen äußere Umstände in Form beruflicher oder privater Belastungen diese Entwicklung:

 

Belastungen am Arbeitsplatz:

  • Wenig oder keine Wertschätzung bei der Arbeit
  • Zeit- und Leistungsdruck bei einer langandauernden hohen Arbeitsbelastung
  • Hohes Pensum an Aufgaben und Verantwortung, z.T. wenig Mitbestimmungsmöglichkeiten
  • Komplexität der Aufgaben
  • Permanente Erreichbarkeit
  • Ungleichgewicht zwischen hohen Anforderungen und Handlungsspielräumen
  • Ungleichgewicht zwischen geleistetem Einsatz und der Belohnung/Anerkennung

 

Belastungen im Privatleben:

  • Vereinbarung von Familie und Beruf
  • Pflege eines Angehörigen
  • Krankheiten
  • Belastete Beziehungen, Konflikte, Streitigkeiten
  • Schicksalsschläge & Wendezeiten

 

Möglichkeiten der Stressreduktion

Um diesen Belastungen entgegenwirken zu können, können folgende Maßnahmen wirksam sein:

  • Prioritäten setzen & Etappenziele festlegen
  • Klare Zeiteinteilung (Kurzfristige und langfristige Planung)
  • Aktivierung des Netzwerks um sich: Aufgaben delegieren, Unterstützung über vorhandenes Netzwerk überprüfen
  • Festlegung von Zeiten der Erreichbarkeit über Handy, E-Mail und Internet
  • Möglichst regelmäßig Pausen einlegen
  • Selbstfürsorge erhöhen: z. B. auf ausreichend Schlaf, Bewegung und gesunde Ernährung achten und Erholungszeiten einplanen
  • Entspannungsmöglichkeiten fördern, z. B. über Aktivitäten in der Natur oder das Praktizieren von Yoga, Pilates oder weiteren Entspannungsverfahren
  • Auf wohlwollende, positive Gedanken über sich selbst achten

 

Reichen diese Maßnahmen nicht aus und halten Symptome wie Anspannung, Erschöpfung, Schlafstörungen über längere Zeit an, ist es sinnvoll, sich professionelle Hilfe an die Seite zu holen. Hier gilt das Motto: Je früher, desto besser, da so einer Verstärkung der Symptome frühzeitig entgegengewirkt werden kann.

In der Zusammenarbeit mit Menschen, die unter lang andauernden beruflichen Stress leiden, haben sich in der Zusammenarbeit folgende Ansatzpunkte bewährt:

  • Analyse der aktuellen Situation mit Fragen wie den folgenden: Welche Stressoren sind vorhanden und wie wirken sich diese auf? Wo liegen körperliche und emotionale Grenzen? Wie wirkt sich der Stress auf die verschiedenen Lebensbereiche aus?
  • Herausarbeiten eigener Erwartungen und Ansprüche an sich selbst: Welche Glaubenssätze und Anforderungen an sich selbst sind vorhanden und welche individuellen Muster haben zu dieser Entwicklung beigetragen?
  • Entwicklung von Lösungsansätzen: Welche Lösungsansätze wurden schon verfolgt und mit welchem Ergebnis? Wo gibt es noch ungenutzte Potentiale?
  • Entwicklung von gesunden äußeren Strukturen und Stärkung der benötigten individuellen Kompetenzen zur Bewältigung der Situation, bspw. die Veränderung von Glaubenssätzen, von Konfliktbewältigungsstrategien oder dem Einstehen für die eigenen Interessen und Bedürfnisse.
  • Aktivierung des Netzwerks in beruflichen und privaten Beziehungen.

 

Resilienz stärken in der Zusammenarbeit 

Das Potential, das in einer Zusammenarbeit liegt, ist vielseitig.

Vielfach erleben Menschen, dass über die Bearbeitung der eben erwähnten Fragestellungen, der inneren Muster und Glaubenssätze sowie dem Drehen mancher Stellschraube große Wirkung erzeugt wird.

In der Zusammenarbeit mit einer Kundin konnte sie sich der eigenen Stärken und Kompetenzen in einem ganz anderen Maß bewusst werden und als Schwächen eingeordnete Merkmale als Stärken wahrnehmen – mit dem Ergebnis, dass sie diese Stärke in Verhandlungen bewusst einsetzen und ausstrahlen konnte. Der eigene Wert konnte über die Zusammenarbeit hinweg völlig neu definiert werden und sie konnte mit dieser Überzeugung für sich einstehen. Die Belastungen am Arbeitsplatz wurden deutlich verringert und die Kraft für das Privatleben steigerte sich in großem Ausmaß.

In Paarcoachings, wo sich einer der Partner in dieser langanhaltenden Stresssituation wiederfindet, kann ein gegenseitiges Verständnis entstehen, Erwartungen aneinander neu definiert und Unterstützungsmöglichkeiten entwickelt werden. So konnte sich im privaten Bereich manche Stresssituation entspannen, das Privatleben wieder zu einer Ressource werden und damit die Paarbeziehung positiv beeinflusst werden.

Kunden beschreiben infolge der Zusammenarbeit, dass mehr Leichtigkeit und die Zunahme der eigenen Energie und Lebensfreude erfolgte und die berufliche Produktivität wieder anstieg. Die Aktivierung der Ressourcen und die innere Arbeit an der eigenen Persönlichkeit schafft die Möglichkeit, gesunde Grenzen zu schaffen und die Selbstfürsorge zu stärken.

Kommen Sie gerne auf mich zu, um Ihre ganz individuelle Situation zu besprechen.

Sandra Weiß Beratung & Coaching

Durch die Auseinandersetzung mit sich selbst und dem besseren Verstehen der eigenen Persönlichkeit, der individuellen Verhaltensweisen und Beziehungen mit anderen Menschen können Perspektiven und Ideen entstehen, die ganz neue Lösungsmöglichkeiten ermöglichen.